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Bühnenbild - Rechnungsaustausch

Zentrales Dokument in Geschäftsprozessen

Rechnungsaustausch

Eine Rechnung wird in einem Fakturasystem erstellt und dort in einer Datenbank digital gespeichert, auf Papier ausgedruckt und verschickt. Der Empfänger muss aus dem Rechnungsbild für die Buchführung wieder Daten machen, die bei ihm dann wieder in einer Datenbank digital gespeichert werden. Ein zeitraubender und kostenträchtiger Medienbruch: digital – Papier – digital. Das muss nicht sein. Wie das Ziel eines medienbruchfreien Rechnungsaustauschs in der Fläche erreicht werden kann, wird nachfolgend schrittweise entwickelt.

Gerhard Schmidt, Dipl.-Informatiker, Inhaber von Compario 

Bedeutung der Rechnung

Die Rechnung ist

  • das zentrale Dokument im Geschäftsprozess; eine Rechnung gibt es immer, andere Dokumente wie Bestellung, Auftragsbestätigung oder Lieferschein fehlen oft;
  • die wichtigste Belegart, die bei einer Auftragsbuchführung zwischen Steuerberater und Unternehmen ausgetauscht wird.

Die Rechnung hat damit eine Schlüsselfunktion bei der digitalen Transformation. Funktionieren der Austausch und die Verarbeitung von elektronischen Rechnungen, dann ist der Durchbruch bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen geschafft. Alles was für Rechnungen gilt und umgesetzt wurde, lässt sich dann leicht auf andere Dokument- und Belegarten übertragen. An der elektronischen Rechnung lassen sich exemplarisch besonders gut zeigen,

  1. die Vorteile der Digitalisierung einerseits und
  2. die – insbesondere fiskalischen – Pflichten, die es dabei zu erfüllen gilt, andererseits.
Begriff der elektronischen Rechnung und ZUGFeRD

Die analoge Rechnung ist uns seit Jahrhunderten vertraut: bildhaft repräsentiert auf Papier. Bei der elektronischen Rechnung müssen wir etwas genauer hinschauen und differenzieren, denn der Begriff wird in unterschiedlichen Bedeutungen benutzt. Einmal für eine Rechnung, die ausschließlich aus strukturierten Daten besteht, zum anderen als elektronisch übermittelte Rechnung. Letztere kann dann auch eine bildhaft dargestellte Rechnung auf "elektronischem Papier" (PDF) sein, ohne Rechnungsdaten. Wir verwenden hier den Begriff elektronische Rechnung in der ersten, strengeren Bedeutung, denn nur diese erlaubt einen medienbruchfreien Rechnungsaustausch.

Zusatzinformationen im Haufe Steuer Office: Kosten sparen mit der elektronischen Rechnung

Werden Rechnungen aus strukturierten Daten ausgetauscht, funktioniert das nur, wenn sich Sender und Empfänger über das Datenformat verständigt haben. Bilaterale Vereinbarungen mit allen Geschäftspartnern funktionieren in der Praxis nicht. Ein Rechnungsdatenstandard aber, auf den sich alle verständigen können, funktioniert. Diesen Standard haben wir seit 2014 mit ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland). Unter elektronischen Rechnungen verstehen wir also im Folgenden immer ZUGFeRD-Rechnungen.

Zusatzinformationen im Haufe Steuer Office: ZUGFeRD

Achtung
Henne-und-Ei-Problem bremst Dynamik

"Ich würde ja gerne meinen Rechnungseingangsprozess automatisieren, doch mir schickt fast keiner ZUGFeRD-Rechnungen!" klagt der Rechnungsempfänger. "Wozu ZUGFeRD-Rechnungen verschicken, wenn diese fast niemand verarbeiten kann?" fragt sich der Rechnungsversender. Ein klassisches Henne-und-Ei-Problem. Die Lösung? Große Unternehmen haben die Macht, von den von ihnen abhängigen Lieferanten ZUGFeRD-Rechnungen zu fordern. Das können KMUs nicht. Doch sie können ihre Geschäftspartner darum bitten, ZUGFeRD-Rechnungen geschickt zu bekommen. Und sie können einfach selbst ZUGFeRD-Rechnungen verschicken - angeregt durch ihren Steuerberater.

Steuerberater als Unternehmenslotsen bei der Digitalisierung

Wer andere lotsen will, muss selbst einen Kompass haben und klaren Kurs in tiefem Wasser steuern - also selbst Digitalisierung gemeistert haben. Was bedeutet das für den Steuerberater? Er muss in 3 Schritten vorgehen:

Medienbruchfreiheit in der Kanzlei

"Honorarrechnungen müssen aber doch unterschrieben sein!" kommt nun gleich der Einwand. Schon, doch man kann mit dem Mandanten vereinbaren, auf die Unterschrift zu verzichten. Das kann auch durch konkludentes Handeln geschehen. Wenn also der Mandant die nicht unterschriebene elektronische Rechnung bezahlt, ist alles bestens. Zahlt er wegen der fehlenden Unterschrift nicht, dann wird eine unterschriebene Papierrechnung einfach nachgeschickt. Ein sehr geringes Risiko also.

Ganz unproblematisch ist es für den Steuerberater, seine Lieferanten um ZUGFeRD-Rechnungen zu bitten. Kann der Steuerberater die beiden ersten Schritte abhaken, dann kann er auf der Basis der dabei gesammelten eigenen Erfahrungen auch seinen Mandanten empfehlen, entsprechend aktiv zu werden.

Zusatzinformationen im Haufe Steuer Office: Elektronischer Rechnungseingang

Medienbruchfreiheit beim Belegaustausch zwischen Unternehmen und Steuerberater

Ein Kraftakt dürfte es für die meisten Steuerkanzleien wohl werden, weg vom klassischen Pendelordner zu einem weitgehend elektronischen Belegaustausch mit den Mandanten zu kommen. Voraussetzung dafür ist, dass die Belege in elektronischer Form vorliegen. Kein Problem bei allem, was bereits in elektronischer Form ins Mandantenunternehmen kommt. Was auf Papier eingeht, wird gescannt und dadurch in elektronische Form gebracht. Und dann alles ab in die Kanzlei. Das klingt erst einmal ganz einfach. Doch bei genauerem Hinschauen zeigen sich dann doch einige Probleme. Hier ist dann der Steuerberater gefordert, sind die gravierenden Fragen doch steuerrechtlicher Natur.

Alles, was einmal in elektronischer Form war, muss auch in dieser Form elektronisch unveränderbar aufbewahrt werden. Das fordern die GoBD. Mit dem "Ab-in-die-Kanzlei" ist es meist nicht getan. Ein Konzept für die elektronische Aufbewahrung muss gefunden werden. Dazu muss die gesamte, fast immer heterogene Systemlandschaft des Unternehmens betrachtet werden. In welchen Systemen stecken steuerlich relevante Daten? Dann müssen diese elektronisch so aufbewahrt werden, dass ihre Struktur und Auswertbarkeit nicht verloren geht.

Sollen die Belege nach dem Scannen vernichtet werden, also ersetzend gescannt werden? Dann werden besondere Anforderungen an das Verfahren gestellt, das auch in einer Verfahrensdokumentation beschrieben werden muss. Selbst wenn die Belege nach dem Scannen nicht weggeworfen werden, muss eine Verfahrensdokumentation erstellt werden, sofern die Verfahren dem Betriebsprüfer nicht in wenigen Sätzen erklärt werden können.

Mehr technisch-organisatorischer Natur ist die Frage, wie elektronische Belege, die über verschiedene Kanäle eingehen, zusammengeführt werden. Außer per E-Mail können die Belege beispielsweise auch aus dem Rechnungsportal des Lieferanten heruntergeladen werden (müssen) oder über soziale Netzwerke ausgetauscht werden. All diese Probleme müssen im Zusammenhang eines elektronischen Belegaustauschs zwischen Unternehmen und Steuerberater gelöst werden. Mit dem Steuerberater als Lotsen - individuell für jedes Mandantenunternehmen.

Tipp: Wie Sie das Thema GoBD als Einstieg in die Beratung nutzen können, lesen Sie im Beitrag "Dienstleistungspaket GoBD"

Medienbruchfreiheit beim Mandantenunternehmen

Wenn der Steuerberater selbst auf ZUGFeRD-Rechnungen umgestellt hat und die Schnittstelle zu den Mandaten digitalisiert hat, dann kann er sich darauf konzentrieren, dass auch der Mandant selbst komplett auf ZUGFeRD-Rechnungen umstellt. Damit werden dann die letzten Medienbrüche eliminiert. Die Digitalisierungskette wird lückenlos.

Was für eine Lösung benötigt wird, ist längst am Markt. Man muss die für ein Unternehmen passenden Bausteine nur heraussuchen und zusammensetzen.

Software

Alle Branchenlösungen für Steuerberater erlauben einen elektronischen Belegaustausch. Für die elektronische Aufbewahrung gibt es Dokumentenmanagement- und Archivsysteme für jede Unternehmensgröße. Portallösungen verbinden elektronischen Austausch und elektronische Aufbewahrung. Die über das Portal für den Steuerberater hochgeladenen Belege werden vom Steuerberater gleich ordnungsgemäß elektronisch archiviert, sodass sich das Unternehmen um (fast) nichts kümmern muss. Dank geeigneter Apps können Belege inzwischen auch mit dem Smartphone gescannt werden. Elektronische Pendelordner von Drittanbietern passen in jede Schnittstelle zwischen Unternehmen und Steuerberater, egal welche Software beide Seiten einsetzen.

Musterverfahrensdokumentationen zur Belegablage

Auf Initiative und in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Wirtschaftskammern und -verbänden hat die AWV 2015 eine "Musterverfahrensdokumentation zur Belegablage" entwickelt, an der sich die Unternehmen und ihre steuerlichen Berater orientieren können.

Um Unternehmen einen Leitfaden an die Hand zu geben, wie sie der Dokumentationsanforderung zum Ersetzenden Scannen nachkommen können, haben die Bundessteuerberaterkammer und der Deutsche Steuerberaterverband 2014 gemeinsam eine "Muster-Verfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inkl. Vernichtung der Papierbelege" entwickelt.