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Bühnenbild - Erstgespräch zum Einstieg in die digitale Buchhaltung

Praktiker-Beispiel: Datev

Erstgespräch zum Einstieg in die digitale Buchhaltung

Durch die mediale Verbreitung der Themen Digitalisierung bzw. digitale Transformation und der Notwendigkeit diesen Weg zu gehen, ist es noch leichter als vor 2-3 Jahren die Mandanten vom Einsatz digitaler Werkzeuge zu überzeugen. Oft werden moderne Lösungen gezielt angefragt.

In einem ersten Termin, oft auch per Videokonferenz, lernen wir den Mandanten und dessen Unternehmen kennen, wir fragen nach den kaufmännischen Prozessen, um einen Überblick zu erhalten, wo Daten für die Buchhaltung bereits in digitaler Form (WaWi-Programm oder DMS) vorliegen und wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. 

Dies dient der Vorbereitung auf den Nachfolgetermin, bei dem die kaufmännischen Prozesse und Abläufe im Unternehmen genau analysiert werden um die bestmögliche Lösung zu finden. Eines der Hauptziele ist es, sog. "Medienbrüche" zu erkennen und zukünftig zu vermeiden.

Florian Gößmann-Schmitt, StB, smarter-beraten GmbH & Co. KG

www.digitale-steuerberatung.rocks

Analyse der Prozesse beim Mandanten

Hat sich der Mandant entschieden, unsere Kanzlei zu beauftragen, findet ein "Kick-off-Meeting" vor Ort statt. Bei diesem 1-2 stündigen Termin werden die dortigen Mitarbeiter eingebunden, welche mit der Vorbereitung/Aufbereitung der Buchhaltung, dem Zahlungsverkehr und dem Personalwesen betraut sind.

Die Besprechung der Abläufe wie z. B. die Rechnungsprüfung, Erfassung/Vorbereitung der Zahlungsträger etc. gibt Aufschluss darüber, wo es noch Medienbrüche gibt, beispielsweise wenn digital erhaltene Rechnungen oder bereits digitalisierte Rechnungen noch im Original oder als gedruckte Version durch die einzelnen Abteilungen zur Prüfung und Freigabe laufen oder wenn Zahlungsträger im Online-Banking noch vollständig händisch erfasst werden.

Zudem sehen wir uns an, wo Schnittstellen genutzt werden können – gerade, wenn ein Warenwirtschafts- oder Rechnungsschreibungsprogramm bereits im Einsatz ist. In diesen Fällen ist zu vermeiden, dass die Daten nachträglich nochmals händisch erfasst werden müssen. Dies ist fehleranfällig und unnötig. Da unsere Kanzlei DATEV nutzt, gibt es häufig bereits programmseitig Schnittstellen, die nach der Eingabe weniger Parameter direkt genutzt werden können. 

Für den Fall, dass es einmal keine Schnittstelle gibt, bietet die DATEV eine Schnittstelle im ASCII-Format, insoweit können auch Exporte aus Datenbanken so formatiert werden, dass diese in DATEV eingespielt werden können. Wir haben uns hierfür ein eigenes Tool programmiert; es gibt aber auch Anbieter im Markt, die hierfür Lösungen anbieten. Das Problem der fehlenden Belegbilder lässt sich mit Programmen wie z. B. "Beleg2Buchung" von der DATEV lösen. 

Im Idealfall bietet das Programm wie z.B. lexoffice oder candis die Möglichkeit, DATEV Connect Online zu nutzen. Bei dieser Schnittstelle kann der Mandant per Smartcard oder SmartLogin die Buchungen direkt mit dem verknüpften Belegbild übergeben.

Alle Programme/Abläufe werden grob skizziert dokumentiert, sodass kanzleiintern eine Abstimmung mit unserer EDV-Abteilung erfolgen kann, welche Lösungen hier zielführend sind. Dieses Grundgerüst dient auch als Basis bei der späteren Erstellung einer Verfahrensdokumentation.

Tipp: Welche Mandanten Sie zuerst angehen sollten, lesen Sie im Beitrag "Digital-Check"

Besprechung/Auswahl passender Lösungen

Haben wir uns einen Überblick verschafft, besprechen wir erstmal intern die verschiedenen Software-Möglichkeiten und Anwendungsszenarien. Ziel hierbei ist immer, dass möglichst ohne erneute Medienbrüche gearbeitet wird, sprich digitale Daten sollen dort abgegriffen werden, wo sie entstehen. Dadurch lassen sich die Prozesse verschlanken, sodass der Mandant nicht das Gefühl hat, er oder seine Mitarbeiter müssten mehr Zeit investieren.

Denn oft ist die Sorge in den Erstgesprächen, dass mehr Zeit investiert werden muss. I. d. R. ist aber genau das Gegenteil der Fall, z. B. durch die Nutzung der per OCR ausgelesenen Belegdaten für die automatische Erstellung von Zahlungsträgern. 

Wir haben uns ca. 1 Jahr intensiv mit den bereits bestehenden Lösungen rund um das von uns genutzte Programm Unternehmen-Online beschäftigt, denn u. E. sollte sich der Mandant nicht an die Lösung anpassen müssen, sondern die Lösung sollte zu den Abläufen des Mandanten passen. Hierdurch können wir den Mandanten verschiedene ergänzende Lösungen bieten, bei denen wir wissen, wie diese funktionieren.

Beispiele
Lösungen rund um DATEV Unternehmen-Online

Für die Kommunikation mit dem Mandanten nutzen wir in der Regel GoToMeeting. Für die Fernwartung nutzen wir entweder das Programm Teamviewer oder das Fernbetreuungs-Modul der DATEV. Es erfolgt sinnvoller Weise eine Verschiebung zu den vor- und nachgelagerten Prozessen.

Bestellung und Administration

Steht das Konzept, bestellt das EDV-Team das Programm DATEV Unternehmen Online, sowie die gewünschte Anzahl an mIdentitys (Hardware-Token) bzw. SmartLogins (App). Hierbei arbeiten wir mit ProCheck-Listen und Arbeitshilfen um z. B. die Vergabe von Rechten abzufragen und zu dokumentieren. 

Nach der Anlage des Bestands und der Administration der Smartcards werden die benötigen Komponenten beim Mandanten installiert und die Mitarbeiter geschult. Je nach Entfernung geschieht das vor Ort, In-House oder per Fernwartung.

Die Einrichtung wird nach Paketpreisen abgerechnet. Hierbei unterscheiden wir, ob der Mandant neben Belege online, auch Bank online und Auftragswesen online nutzt. Da der Einrichtungsaufwand dann höher ist, gibt es neben dem Grundpaket noch entsprechend zwei weitere Pakete. Da der Kunde vorher genau kalkulieren kann, gibt es wenige bis keine Probleme, wenn es um unser Honorar geht. Im Einrichtungspaket ist auch ein Gutschein über 30 Minuten Support enthalten, was dem Kunden die anfängliche Angst nimmt, sich bei Problemen zu melden.

Aus unserer Erfahrung ist das Wichtigste, dass den Mandanten gerade auch bei kleineren Problemen mit dem Treiber, dem Virenscanner etc. zeitnah geholfen werden kann. So kommt beim Mandanten kein Unmut auf, wenn es mal nicht von Anfang an problemlos funktioniert. Unsere Absprungrate liegt seit Beginn bei Null. Kein Mandant ist wieder zurück zur Papierbuchhaltung gewechselt.

Um zeitnah und schnell helfen zu können, haben wir eine eigene "ProCheck-Liste" entwickelt, die bei einem Supportauftrag abgearbeitet wird. Neben der Dokumentation für die spätere Honorarstellung, enthält die Liste alle bekannten und häufiger auftretenden Probleme, wie z. B. ein nicht aktualisiertes Sicherheitspaket oder ähnliches. Über Filter können schnell alle offenen oder z. B. noch nicht abgerechneten Supportaufträge angezeigt werden. Nur in seltenen Ausnahmefällen muss dann noch der DATEV-Support eingeschaltet werden.

Es sollte daher immer wenigstens ein Mitarbeiter geschult werden, technischen Support zu leisten. Das umfasst leichtere EDV-Arbeiten, wie Treiber-Neuinstallationen, Installationen von Updates oder kleinere Netzwerkarbeiten, wenn beispielsweise der Scanner ins Netzwerk eingebunden ist.

Strukturierte Einführung und regelmäßige Schulungen sorgen für Akzeptanz

Hat der Mandant eine Weile mit dem Programm gearbeitet, und liegen die ersten Belege und Auswertungen online bereit, nehmen wir uns die Zeit, dem Mandanten die Belegsuche oder auch das Prüfen der Kontoumsätze und dabei mögliche Automatismen nochmals näher zu bringen.

Dabei sehen wir uns auch noch einmal die Abläufe an und fragen gezielt nach, wo es denn noch hapert. Unbedingt vermeiden muss man, dass der Kunde das Gefühl hat, er müsse jetzt mehr Zeit investieren, ohne einen Nutzen davon zu haben. Denn das ist häufig einer der Gründe für den Wechsel bereits auf digitale Buchhaltung umgestellter Kunden zu uns.

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Masse an Funktionen viele Nutzer erstmal "erschlägt". Durch die Portionierung der Informationen und durch das regelmäßige Auffrischen des Wissens fühlen sich die Mandanten sicher, und gerade auch die weniger technisch affinen Mandanten verlieren rasch die Scheu vor dem Programm.

Zudem haben wir uns die Mühe gemacht, ein eigenes Handout für Unternehmen-Online zu erstellen. Darin sind alle wichtigen Vorgänge mit Screenshots und kurzen Erläuterungen beschrieben, sodass der Mandant sich auch selber helfen kann.

Honorar
Wird jetzt alles billiger?

Nein, das ist ein wichtiger Grundsatz den man als Berater verinnerlichen sollte. 

Welche Tätigkeiten fallen denn durch die automatische Erfassung der Belegdaten weg? Es sind vor allem die Tätigkeiten, für die keine Fachkräfte benötigt werden. Die reine Datenerfassung konnte bisher auch durch weniger qualifiziertes oder fachfremdes Personal erledigt werden.

Aber diese "Datenerfasser" wird es bald nicht mehr geben. Spätestens wenn sich ein Beleg-Standard wie z. B. ZUGFerD deutschlandweit durchgesetzt hat, ist das händische Erfassen von Belegdaten nicht mehr nötig. Was aber bleibt, ist die fachliche Kontrolle – gerade auch der durch Künstliche Intelligenz (KI) erstellten Buchungsvorschläge. Zudem muss KI zukünftig auch trainiert werden, und das kann nur hochqualifiziertes Personal leisten. Dadurch werden die Fachkräfte vom "Datenerfasser" zum "Datenmanager".

Der Mandant erhält zukünftig nahezu ausschließlich hochqualifizierte Leistungen. Wieso sollte also der Preis für eine solche Buchhaltung sinken? Im Gegenteil, der Preis müsste eigentlich steigen, da die Buchhaltung schneller, besser und aussagekräftiger wird!

Und ganz nebenbei – sozusagen im Vorbeigehen – schafft der Mandant einen riesengroßen Schritt hin zu einer GoBD-konformen Buchhaltung und das ohne den zusätzlichen Zeitaufwand, der bei einer herkömmlichen Papierbuchhaltung anfallen würde. Wenn man das Alles dem Mandanten verständlichen machen kann, dann versteht er, dass die digitale Buchhaltung für beide Seiten eine Win-Win-Situation ist.